Die Fehde um Frondsberg

Wir schreiben das Jahr 1329 als der Salzburger Erzbischof Friedrich die steirische Burg Frondsberg zu 6 gleichen Teilen als Lehen vergibt. Es waren dies die Brüder Rudolf & Hartneid von Stadeck und die Gebrüder Hartneid I., Rudolf, Dietrich und Ludwig von Losenstein. Diese verwalteten das Gut lange Zeit gemeinsam zu aller Zufriedenheit und teilten die Einnahmen.

Veste Frondsberg an der Feistritz; 1265 erstmals urk. erwähnt, erbaut von Rudolf v. Stadeck

Im Laufe der Zeit änderten sich die Besitzverhältnisse durch Tod und Erbschaft allerdings dahingehend, dass von den 4 Losensteiner Brüdern schlußendlich nur noch ein männlicher Nachkomme übrigblieb - Bernhard I. von Losenstein.

Von den beiden Stadecker Brüdern allerdings nur noch eine weibliche Nachfahrin welche 1402 den Grafen Ulrich von Montfort ehelichte und so der Lehensanteil an Frondsberg an die Grafen von Montfort - einem mächtigen Adelsgeschlecht im heutigen Vorarlberg - fiel.

Bernhard I. von Losenstein aber war in seiner Zeit vor allem als Raufbold und Stänkerer verschrien und machte seinem Ruf auch alsbald alle Ehre. Als nämlich der vermeintlich schwache Vater Ulrichs von Montfort, der Dichter und Schriftsteller Hugo von Montfort das Erbe antrat, erhob Bernhard von Losenstein nicht nur den Anspruch auf die ehemaligen Stadecker Anteile an Frondsberg, sondern zudem gleich auch auf deren sämtliche Güter auf dem Aigen bei Graz.

Er begründete den Anspruch schlicht damit, dass die Mutter seines Schwagers die Tochter von Hartneid v. Stadeck war und er dadurch den alleinigen Anspruch der Losensteiner am Erbe derer von Stadeck sah.

(Konkret war Anna, die Schwester Bernhards von Losenstein mit dem Sohne der Elisabeth von Stadeck, Burkart von Winden, vermählt)

Die Grafen von Montfort zogen daraufhin vor das Landesgericht Graz, welches Hugo von Montfort in allen Bereichen Recht gab und den Anspruch Bernhards von Losenstein abwies.

Bernhard von Losenstein allerdings kümmerte sich nicht drum und besetzte mit Waffengewalt die restlichen Teile der Burg sowie erklärte Hugo von Montfort offiziell die Fehde mit einem sog. Absagebrief.

Eine Fehde begründet ein offizielles Feindschaftsverhältnis zwischen zwei Parteien. Fehden unter Rittern beschränkten sich meist auf dadurch legitimierten zerstörerischen Raubzügen, manchmal aber auch Tötung des Gegners. Erlaubte Rachehandlungen waren Tötung, Heimsuchung, Hausfriedensbruch und Brandstiftung. Die Fehde konnte durch Sühne (Totschlagsühne) beendet werden, der in der Regel ein Waffenstillstand oder ein Friede vorausging.

Damit eine Fehde nicht zum Mord und damit straffähig wurde, hatten die Betroffenen im mittelalterlichen Rechtssystem folgende Regeln zu beachten:

  1. Die Fehde, egal ob unter Rittern oder zwischen Rittern und Städten, musste durch einen förmlichen Fehdebrief (oder Absagebrief) angesagt werden.
  2. Die Tötung Unbeteiligter war verboten.
  3. Das Niederbrennen von Häusern und das Verwüsten von Land war jedoch erlaubt.
  4. Während der Fehde musste der Frieden in der Kirche, im Hause, beim Gang zur Kirche, bei der Rückkehr von der Kirche, beim Gang zum Gerichtstermin und bei der Rückkehr vom Gerichtstermin beachtet werden.

Dies erfuhr auch der damalige Landesherr, Herzog Ernst von Innerösterreich, welcher zur Vermeidung einer Blutfehde den Losensteiner am 22.4.1410 für die nächsten Pfingstfeiertage nach Wien vorlud. Auch dort wurde zugunsten des Hugo von Montfort entschieden.

Bernhard von Losenstein scherte sich allerdings nicht darum und schädigte den Montforter wo er nur konnte indem er seine Güter brandschatzen ließ und ihm wirtschaftlichen Schaden zufügte wo er nur konnte. Dies wurde schließlich so arg, dass ihn Herzog Ernst in einem Schreiben 1412 erneut zurechtweisen musste. Doch dieses Schreiben beantwortete der Losensteiner nicht einmal, schenkte ihm keinerlei Beachtung und drangsalierte den Montforter weiterhin wo er nur konnte.

Darauf schrieb Hugo von Montfort am 26. August 1413 einen persönlichen Brief an Bernhard mit folgendem Inhalt:

"da nun der hochgeborn fürst hertzog Ernst, mein gnediger lieber herr, mit mir rett, er wolt dein gewaltig in der sach sein, und das ich die sach auch abliess von deiner absag wegen, die du mir getan hattest, das tet ich also und gab darauf den absagrief, den du mir gesandt hettest, hern Hannsen von Winden und waiss nicht anders, wann das dir den her Hanns wider geben hab. Darnach langt mich an in lantmärweyse, du soltist noch unwillen gen mir haben und mein schaden trachten, des ich nicht glauben wolt und noch nit glaubn wil, du lassest mich es dann vor wissen, und bracht doch die sach also an meinen gnedigen herren herzog Ernsten etc., der hat dir darumb verschriben, dals man mir gesagt hat, dem habest du chain antwurt darüber geben, da las in ich verschriebn wisen an deinem brief by dem mein potten, wes ich mich zu dir versehn sulle"

Das heißt ins Hochdeutsche übersetzt soviel wie:

"Da Herzog Ernst, mein gnädiger Herr mir versicherte er wird Deinem Ansinnen widersprechen und dass ich deinen Fehdebrief wieder zurückschicken soll, hab ich diesen Fehdebrief dem Hans von Winden gegeben. Ich weiß nicht wann dir diesen Herr Hans weiter gegeben hat. Danach kam mir Gerede zu Ohren, dass du immer noch Hass gegen mich hast und mir schaden willst. Das konnte ich nicht glauben, aber Du hast es mir bestätigt und so brachte ich die Angelegenheit nochmals an meinen gnädigen Herren Herzog Ernst. Der hat dir deswegen nochmals geschrieben, aber man hat mir gesagt, du hast ihm keine Antwort darauf gegeben. Da hab ich ihm deinen Brief zukommen lassen wo du mir androhst, dass ich mich vorsehen solle"

Leider ist nicht weiter überliefert wie die Fehde weiterging, Fakt ist nur, dass Bernhard v. Losenstein schlußendlich nichts erreichte und sogar seinen Anteil an Frondsberg an die Grafen von Montfort abgeben musste. Der begnadete Lyriker Hugo von Montfort hingegen schrieb in diesen Jahren der Drangsal zw. 1402 und 1414 kein einziges Gedicht...

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Als Hugo von Montfort im Jahr 1423 starb, war die Fehde immer noch nicht beendet, da ein weiterer grimmiger Brief Bernhards von Losenstein sogar an Hugo's Wittwe vorhanden ist. Irgendwann dürfte aber der Streit zwischen den Losensteinern und Montforts dann doch beigelegt worden sein, da einige Jahrzehnte später sogar zwei Herren von Losenstein in das Haus Montfort einheirateten...

Alle Briefe Bernhards an die Grafen von Montfort wurden bereits im neuen Schloß zu Losensteinleithen gefertigt und waren lt. historischen Berichten alle ziemlich schmucklos und derb formuliert, ja "alle damaligen Formen der Höflichkeit vernachlässigend". Weiters nahm ihm Hugo von Montfort sehr übel, dass er ihn in seinen Briefen sogar duzte...

Quelle: Ältere tirolische Dichter. 3. Band: Hugo von Montfort von J.E.Wackernell erschienen im Verlag der Wagner'schen Universitätsbuchhandlung 1881
"Taschenbuch für vaterländische Geschichte" - Band 2, Josef von Hormayr 1829